Der
Weinkeller des Klosters Stuben war stets
gefüllt. Nicht nur der Zehntwein, auch
Stiftungen, Mitgifte und Nachlässe
sorgten dafür. Zudem hatte Stuben auch
noch eigene Wingerte, die in den
allerbesten Lagen des Umfeldes lagen. Der
Weinvorrat war oft so üppig, dass sogar
Keller in Nachbargemeinden angemietet
wurden. Da konnten sich die Nonnen schon
gut und gerne den besten Tropfen
auswählen. Nun waren diese edlen
Fräuleins, wie sich die Nonnen nannten,
weil sie alle adeliger Herkunft waren,
nicht gerade beispielhaft in ihrem
Verhalten. Wegen einer recht
ausschweifenden Lebensart besaßen sie
erklärlicherweise nicht die Gunst der
Neefer Bauern. So entrichteten sie den
Zehnten, der zum größten Teil aus
Weinabgaben bestand, an das Kloster mit
großem Unbehagen. Es gab immer wieder
Streitigkeiten, ja sogar Prozesse, um
diese Abgabe, weil die vorgeschriebene
Menge nicht entrichtet wurde. Letztlich
zogen aber die Bauern immer wieder den
kürzeren.
Die Neefer Winzer lebten in einer Zeit
größter Armut. Sie hatten ja auch noch
dem Grundherren als Pacht die Hälfte der
Ernte abzugeben, und den Herren von Neef
war auch noch Tribut zu zahlen.
"Adel und Klerus hatten in Neef
hineinregiert und allerlei Drangsale
gebracht" - so wird die damalige
Szene überliefert.
In dieser Zeit finden wir in den
Annalen von Neef unter dem Datum des 9.
Septembers 1374, noch kurz vor der Neefer
Kirmes am 14. des gleichen Monats, den
doch etwas seltsam erscheinenden
Beschluss, wonach Erzbischof Cuno II. dem
...Kloster Stuben uff der Inseln
und nymand anders gestattet, uff di
Kyrmesse Dage daselbst zu verschenken und
zu zappen.... Diese bischöfliche
Verordnung, womit das Weinzapfrecht auf
der Neefer Kirmes geregelt wurde,
erscheint um so erstaunlicher, da es doch
eigentlich den Klöstern im Bistum
untersagt war, Wein in Flaschen oder aus
dem Zapfhahn an das Volk zu verkaufen.
Dem Hintergrund dieser recht auffallenden
Anordnung Cunos steht folgende Vermutung
nahe:
Es gab da noch den Fluppes! Fluppes
hatte jeder Weinbauer im Keller und war
ein Gesöff, das aus den allerletzten
Tresterresten und unter Verwendung von
viel Wasser gewonnen wurde. Diese Brühe
konnte einerseits vor Bitterkeit dem
Trinker das Gedärme zusammenziehen - wie
man es im Volksmund so ausdrückte -
andererseits diente sie als
Durstlöscher. Man konnte viel davon
trinken, da sie wenig Alkohol hatte.
Deshalb nahm man sie im Steinkrug mit zur
Arbeit im Weinberg und auf dem Felde. Und
diesen sauren Fluppes lieferte man nun im
Zehnthof ab. Weshalb auch nicht? Es war
nämlich in der Festlegung des Zehnten
nur die Menge vorgeschrieben - nicht aber
die Qualität.
Wer kann es den Bauern verdenken, wenn
sie sich über diese gelungene List
riesig gefreut haben. Da hatten sie doch
endlich einmal diese anspruchsvolle und
dünkelhaften Edeltöchter
ausgetrickst.
Doch die verwöhnten Nonnen waren ob
dieser Schlitzohrigkeit empört. Dort in
ihrem Kloster, wo sich schon Kaiser
Maximilian beköstigen ließ, wo der
große Kurfürst Balduin und sonstige
Honoren regelmäßig einkehrten, hatte
der Fluppes keinen Platz. Das ging
einfach nicht, das war eine Frechheit! So
ließen sie den Fluppes gleich im Keller
des Stubener Zehnthofes in Neef liegen.
Und jener Erzbischof Cuno sorgte aus
...besundrer Gnaden...
dafür, dass die Nonnen den Fluppes noch
für gutes Geld auf der Neefer Kirmes
loswurden. So waren die Neefer Bauern
einmal wieder im Hintertreffen.
So mussten die Neefer Bauern auf der
Kirmes, dem größten Fest im Jahr, ihren
eigenen abgelieferten Fluppes selbst
trinken. Da kam keine Stimmung auf und
verbesserte auch nicht das gestörte
Verhältnis zu den Stubener Nonnen. Diese
lebten in der leicht-lockeren Art weiter,
was letztendlich nicht gut endete, wie es
die weitere Geschichte noch zeigen wird.
Schließlich wurde ja das Kloster wegen
sittlichen Verfalls später aufgelöst.
Anmerkung:
Cuno ging damals von der Ansicht aus,
dass die Last anstrengenden
Kirchendienstes des erheiternden,
stärkenden Weines nicht entbehren
dürfe. Er hielt viel auf eine gefüllte
Flasche so beschreibt Damitz die
Lebenseinstellung und Lebensart des
Kurfürsten. Cuno war also alles andere
als ein Verächter des Weines. Kein
Wunder also, dass er sich so
verständlich und gönnerhaft dem Kloster
Stuben gegenüber verhielt.
Übrigens scheint sich das
Weinzapfrecht auf der Neefer Kirmes als
solches bewährt zu haben. Im Jahr 1656
hatten nämlich dieses Privileg neben dem
Kloster Stuben auch noch die Ritter von
Metzenhausen, die in der Burg als
Amtmänner des Trierer Bischofs
residierten, abwechselnd inne. So wurden
diese den sogenannten Sauerwein aus
schlechten Jahrgängen los.
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erschienen
in: |
Rhein-Hunsrück-Kalender,
Heimatjahrbuch des
Rhein-Hunsrück-Kreises, 2002 |
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Mittelalterliche
Dorfkirmes |
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