Der
schmale, von der Mosel umflossene
Berggrat des Petersberges ist zweifellos
einer der landschaftlich schönsten
Punkte und gleichzeitig auch eine der
historischsten Landschaften des gesamten
Moseltales.
Vordergrund der Moselschliefe liegt der
Petersberg.
Im Hintergrund des Berggrates befindet
sich der Hochkessel.
Vermutlich war der Petersberg schon
für die vorchristlichen Kelten, die auf
dem nahe liegenden Hochkessel, der
höchsten Erhebung des Umfeldes, ihre
Fliehburg hatten, ein wichtiger Standort.
Funde lassen darauf schließen, dass sich
in der exponierten Lage des Petersberges
ein gallorömischer Tempel befand, wo
kultartig Naturgötter verehrt wurden. Zu
den Kultveranstaltungen gehörte auch die
Verabschiedung der Toten aus seinen
irdischen Leben. Aufgelesene Terrakotten,
die im Volksmund Tränentöpfchen
genannt werden, stellen dies unter
Beweis. Man vermutet, dass unsere
heidnischen Vorfahren bei der
Verabschiedung ihrer Verstorbenen in
ihnen Schmerzenstränen aufsammelten und
auf bewahrten. So sollte der Tode in
Erinnerung bleiben.
Auch in der Nachfolgezeit ist der
Petersberg ein geschichtlich hoch
interessanter Platz geblieben. Auf dem
steilen und schwer zugänglichen, lang
gezogenen schmalen Grat des Berges befand
sich eine römische Höhenbefestigung.
Um die Höhenbefestigung, insbesondere
am gemäßigt steilen Abhang, hatten sich
Militär und Zivilbevölkerung
angesiedelt. Die Besiedlung setzte sich
in der karolingischen und fränkischen
Epoche fort. Deutliche Siedlungsspuren
hinterlässt ein vorgefundenes
Gräberfeld auf einer Einsattlung des
Berggrates. Es lag etwa 250 m unterhalb
des heutigen Friedhofes. Archäologen vom
Amt für Vor- und Frühgeschichte in
Koblenz haben Grabungen durchgeführt und
ausgewertet. Man fand Grabstätten, in
denen noch Beigaben gemäß
vorchristlicher Sitte gefunden wurden und
auch solche, die schon christliche
Merkmale ausgewiesen haben so z.
b. Grabsteine mit Kreuz- und
Friedenstaube-Motiven. Mehr als 300
Gräber können vermutet werden. Somit
ist dieser frühmittelalterliche Friedhof
einer der größten Anlagen dieser Art in
der gesamten Mosellandschaft.
Geschichtsforscher bezeichnen den Neefer
Petersberg sogar als ein Zentrum des
frühen Christentums an der Mosel. Anfang
des 6. Jahrhunderts bis hin ins 9. oder
gar 10. Jahrhundert wird man die Belegung
des Friedhofes ansetzten dürfen.
Anno 1137 wurde das Nonnenkloster
Stuben am Fuße des Petersberges
gegründet. Etwa zur gleichen Zeit wurde
die Peterskapelle gebaut und der
bisherige Dorffriedhof vom Ort Neef auf
den Petersberg verlegt. Die Legende
berichtet, Gott habe auf wunderbare Weise
seinen Willen kundgetan, dass die Kapelle
auf dem Berg erbaut werden sollte. In
drei aufeinanderfolgenden Nächten seien
Engel herniedergestiegen und hätten das
Baumaterial, das zur Errichtung einer
neuen Kirche im Ort vorgesehen war, auf
den Berg getragen. Der damalige Pfarrer,
der selbst Nachtwache hielt, soll Zeuge
dieses Geschehens gewesen sein.
War die Peterskapelle zuerst die
Pfarrkirche für den Ort Neef und deren
Besiedlungen auf dem Berg, so galt sie
seit 1316 ausschließlich nur noch als
Friedhofskirche, da unten im Ort die
Mathiaskirche geweiht wurde.
Lange wurden die Verstorbenen auf
ihrem letzten Weg über einen steilen und
holprigen Weinbergpfad nach oben
getragen. Dies geschah in einem frommen
und feierlichen Ritual unter Beteiligung
der Dorfgemeinschaft. Im Rahmen einer
Flurbereinigung wurde der Südhang des
Petersberges regelrecht auf den Kopf
gestellt. Der uralte Totenweg mit den
alten Kreuzwegstationen wurde von Baggern
überwalzt. Seit 1959 werden die
Verstorbenen mit dem Leichenwagen über
eine asphaltierte Straße nach oben
gefahren. Dem modernen Gefährt folgt
eine Kolonne von Autos mit den
Trauergästen. Ein schönes altes Ritual
hat dem Fortschritt Platz gemacht. Der
letzte Verstorbene, welcher der alten
Tradition nach über den Totenweg zum
Petersberg gebracht wurde, war der
verstorbene Pfarrer Rauber. Ihm erfüllte
man mit dieser Würdigung einen letzten
Wunsch.
Während des letzten Krieges wurde die
Kapelle sehr stark beschädigt. Die
Glocke verstummte. Die Wiederherstellung
der Kapelle hatte allererste Priorität.
Längst, bevor die Kriegsschäden an den
eigenen Häusern beseitigt wurden, gingen
die Neefer an den Wiederaufbau ihres
Gotteshauses auf dem Berg. Männer trugen
die schweren Baumaterialien den steilen
Weinbergpfad hinauf zur Baustelle.
Mädchen und Frauen, ja sogar Greisinnen
und Greise, transportierten Bretter und
Wasser nach oben. Auch die Schulkinder
beteiligten sich an den Aktivitäten. Als
im Jahr 1949 die Peterskapelle wieder
hergerichtet war und die Totenglocke aus
dem Jahr 1687 gemäß ihrer Inschrift
Ich rufe die Lebendigen und begrabe
die Toten wieder erklang, ging man
daran, die Schäden am eigenen Haus zu
reparieren. Nun war für die Neefer die
Welt wieder in Ordnung.
Erwähnenswert ist noch der steinerne
Altar in der Peterkapelle, der als
Kulturdenkmal erfasst ist. Er ist ein gut
aufgearbeitetes Werk der Spätrenaissance
mit Knorpelwerkornamentik und stammt aus
der Nachfolge der Hoffmann-Werkstatt in
Trier zu jener Zeit die
berühmteste Werkstatt im Erzbistum
Trier. Die Errichtung dürfte in den
Jahren 1626 1635 erfolgt sein.
Die Betrachtung des Altares erinnert
an die schweren Jahre, unter der unsere
Heimat während des Dreißigjährigen
Krieges (1618 1648) zu leiden
hatte. Pest, Missernten, Hungersnot und
Krieg kennzeichnen diese Zeit.
Der Patron der Kapelle, der hl.
Petrus, erscheint auf dem Seitenflügel
links auf der rechten Seite der
hl. Paulus. Über diesen Heiligen sind
Sebastian und Rochus dargestellt.
Sebastian ist als Märtyrer gestorben. Er
wurde von Schützen mit Pfeilen
durchbohrt. Seit dem frühen Mittelalter
ist er Schutzpatron der Schützen. Rochus
wird, weil er sich der Pflege von
Pestkranken widmete, selbst an der Seuche
erkrankte und genas, als Schutz-Patron
gegen Pest und Seuchen verehrt. Man mag
die beiden Schutzpatrone um Hilfe
angefleht und ihnen auch gedankt haben,
weil Gebete erhört wurden. In der Mitte
zeigt der Altar ein Relief der
Kreuzabnahme Christi und darüber seine
Auferstehung. Diese Darstellung soll
daran erinnern, dass es eine Erlösung im
Jenseits gibt. Der Glaube daran gibt
Trost und Zuversicht.
Nicht nur die Neefer Gläubigen und
die Klosterfrauen von Stuben
wallfahrteten regelmäßig zur
Peterskapelle, auch die Bremmer
Kirchengemeinde und jene von Eidger Eller
veranstalteten jährlich Prozessionen und
Bittgänge zum Petersberg.
An der Peterskapelle endeten
Bittgänge zu den Sieben
Fußfällen. Er ist einer der
ältesten Formen des Kreuzweges und ist
ein frommer Brauch, der heute noch in der
Eifel gepflegt wird. Die am Wege nach
Stuben wie auch nach Neef noch zum Teil
erhaltenen Stationen reichen bis ins 17.
Beziehungseise 19. Jahrhundert zurück.
Seinen Namen erhielt der Bittgang von der
Gewohnheit, sich an sieben einzelnen
Stationen mit beiden Knien gleichzeitig
zu Boden fallen zu lassen. Unterwegs
wurde der Schmerzhafte Rosenkranz und vor
der Station ein Vaterunser gebetet. Vor
allem als Sterbebrauch war der Gang
verbreitet. Meist beteten auf diese Weise
sieben Mädchen vor einem Begräbnis für
das ewige Seelenheil des im Sterbehaus
aufgebarten Verstorbenen. Nach dem
Bittgang gab es für die Beter als
verdienten Lohn Kaffee und Kuchen im
Trauerhaus. Dennoch waren die Sieben
Fußfälle nicht nur ein
Totengebet: Besonders an den Freitagen in
der Fastenzeit wurden sie gegangen.
Jedes Jahr führt am Karfreitag der
alten Tradition entsprechend noch in
heutiger Zeit eine Prozession zur
Peterskapelle bei welcher der Kreuzweg
gebetet wird.
Der Altar in der Peterskapelle wurde
in allerjüngster Zeit fachmännisch
restauriert. Gleichzeitig wurde der
Innenraum der Friedhofskapelle aufwendig
renoviert. Eine erfolgreiche
Spendenaktion, bei der auch amtliche
Denkmalschützer gute Mithilfe geleistet
haben, aber auch die freiwillige Mithilfe
Neefer Bürger und Vereine, haben dies
ermöglicht. So wird man am 30. Juni
2013, ein Tag nach dem Patronatsfest
Peter und Paul, auf dem Petersberg eine
kirchliche Feier veranstalten anlässlich
dieser die gelungene Ausbesserung der
Friedhofskirche mit ihrem wertvollen
Altar gewürdigt wird.
Der Neefer Friedhof mit seiner Kapelle im
heutigen gepflegten Zustand
Ein bescheidenes Grab hier oben auf
dem Berg kann für jeden Neefer die
aufwendigste Gruft der Welt nicht
ersetzen.
Der Neefer Friedhof ist der einzige
Höhenfriedhof der gesamten
Mosellandschaft.
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