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Die Kurfürsten und die Mosel - Nicht nur mit Neef oder dem Kloster Stuben gab es enge Verflechtungen von Franz Josef Blümling
Wegen steter Kriege, Epidemien und Unterdrückungen war das einfache Volk im Mittelalter größtenteils verarmt. Gab es zusätzlich Missernten, kam es zu Hungersnöten. Dementsprechend wehrte man sich seiner Haut so gut es ging. Dabei verrohte das frustrierte Volk. Und in seiner Verzweiflung mag es sich auch dem Aberglaube zugewandt und Wunder herbeigesehnt haben. So herrschte einerseits eine tiefe Volksfrömmigkeit. Andererseits entwickelte sich jedoch eine allgemeine Missachtung der geistlichen und weltlichen Gesetze.

Auch nicht wenige der Trierer Landesherren hatten sich den rauen Gepflogenheiten angepasst und sich allzu oft von dem Gepräge des frühen Christentums, als man dem Vorbild Jesus Christus in Bescheidenheit, Hilfsbereitschaft, Nächstenliebe, ohne Streben nach Macht, Geltung und Besitz folgte, entfernt. Sicherlich gab es unter den mittelalterlichen Kirchenfürsten auch solche, die fromm waren – der eine mehr, der andere weniger oder auch überhaupt nicht. Johann VI. soll während seiner Regierungszeit keine einzige Messe gelesen haben. Von Kurfürst Kuno II. wird überliefert, dass er bei Festen den Wein in Strömen fließen ließ und dass Gewalttätigkeiten unter den Gästen die Regel waren. Johann VII. von Schönenberg war in der Verfolgung von Hexen so grausam, dass es zu ihm kaum eine Parallele gibt. Johann Philipp von Walderdorff’s Verschwendungssucht findet ihren Niederschlag in prächtiger Hofhaltung und Mätressenwesen – um nur einige Beispiele zu nennen. Hierüber gibt es hinreichende Literatur, die man in jeder seriösen (auch kirchlichen) Buchhandlung erwerben, aber auch in allen geschichtsorientierten Bibliotheken so recherchieren kann.

Die Neefer kurfürstliche Jagd kann nicht ganz unbedeutend gewesen sein, sonst würde nicht in so ausführlicher Weise überliefert, wie Oberjäger und Oberforstmeister Karl Michael Emmerich Freiherr von Metzenhausen vom Kurfürsten Georg von Schönborn aus besonderer Gunst einen Hirschfänger mit silbervergoldetem Griff und zwei Perücken überreicht bekommen hat. Karl Michael residierte als letzter Lehensträger der Neefer Burg dort selbst. An anderer Stelle wird berichtet, dass die Geißenplage im Neefer Wald dramatische Schäden angerichtet hatte und von kurfürstlicher Stelle aus der totale Abschuss dieser Schädlinge verordnet wurde. Seither heißt dieser Berg heute noch der „Geißenberg“. Wüst ging es sicherlich auch nach einer Jagd im Neefer kurfürstlichen Revier zu. Der leidenschaftliche Jäger Balduin soll es gewesen sein, der während der Jagd zwei Wildschweine fangen ließ. Diese hatten dann in damaliger Art die Reste des Gelages jeglicher Art aufzufressen. So wurde also die „Sau rausgelassen“. Damals ein ganz normaler Vorgang. Und vielleicht fragte auch der Jagdherr: „Hat es euch nicht geschmecket? Warum rülpset und pupset ihr nicht?“ Noch heute wird dieses Zitat von Martin Luther bei mittelalterlichen Spektakel immer wieder gerne mit Humor zitiert.

Neef hätte in der Geschichte kaum eine Rolle gespielt, gäbe es dort nicht den großen südlichen Berghang, der von Natur aus die besten Voraussetzungen für einen Qualitätsweinbau bietet. Solche Hänge waren gesucht. In auffallend vielen Urkunden werden Vorkommnisse aus Neef geregelt. Päpste, Bischöfe, Kaiser, Könige und sonstige Honoren treten in geschichtlichen Zeugnissen auf; und meistens handelt es sich direkt oder indirekt um Wein- oder Weinbergsangelegenheiten. In der Chronik von Neef, die allerdings noch in Bearbeitung ist, kann dies unter www.naves-historia.de auch im Detail so nachgeschaut und erkannt werden. Dort wird berichtet, wie der große Maria-Laacher-Klosterhof in Neef mit bedeutendem Weinbergsbesitz um 1200 in den Besitz der Grafen von Sponheim gekommen ist. Durch die Auflösung der vormaligen Neefer Reichskirche fielen Graf Simon von Sponheim weitere Weinberge zu. Nicht zuletzt wegen des großen Weinbergsbesitzes wurde Graf Eberhard, zuvor Domherr in Köln, die Heirat mit der Tochter des Truchsess von Alzey gestattet. Eberhard wurde selbst Truchsess und war (auch seine Nachfolger) nunmehr zuständig für die Tafel des pfalzgräflichen Hofes in Heidelberg. So wird sich auch der Pfalzgraf an Neefer Wein gelabt haben. Schließlich findet noch Beachtung, dass der Abt vom Kloster Echternach, Peter von Hbyn, zwei zusätzliche Feiertage angeordnet hat aus Dankbarkeit dafür, dass Graf Johann von Homburg und dessen Ehefrau dem Kloster den Besitz von Neef schenkten. Es wurde auch beurkundet, wie viel Wein anlässlich des Gedenkens jedem Mönch, einschließlich der Klosterschüler, zum Trunke zustand. Aus alle diesen urkundlichen Aufzeichnungen kann man erkennen, dass in Neef der Wein stets im Mittelpunkt stand und der Burgkeller stets mit guten Weinen üppig gefüllt war. Und wenn schon dem Pfalzgrafen der Neefer Wein zusprach, weshalb sollte er nicht auch Balduin und den anderen Kurfürsten gemundet haben? Schließlich waren die Trierer Kurfürsten im Verzehr des Weines keine Weisenknaben (um es in gemäßigterer Form auszudrücken als es Paczenskiy wiedergibt).

Der Ort Neef hatte in seiner Geschichte in der Zeit, als Balduin regierte (1307 – 1354), die bewegteste Zeit. In Urkunden wird berichtet, dass Gerhard von Sponheim 1325 Kurfürst Balduin die Burg von Neef als Offenhaus zu Lehen aufträgt. Die Burg stand somit für Balduin jederzeit offen – also auch dann, wenn er das Kloster Stuben besuchte. So wird überliefert, dass anno 1329 Balduin den Weg von Neef nach Stuben verbreitern lässt und dass er selbst die Bauarbeiten beobachtete. Weiter soll Balduin, wenn sein Weg am Kloster Stuben vorbeiführte, stets dort eingekehrt sein. Die Verbindung von Neef zu Stuben war sehr eng. Die Herren von Neef hatten das Gericht über Stuben. Sie traten schon in den Gründungsurkunden des Klosters auf. Andererseits hatte das Kloster Stuben die Kirchenhoheit über Neef.

Einen Aufenthalt von Balduin in Neef kann man also nicht ausschließen – auch wenn darauf keine Urkunde direkt hinweist. Zumindest vor dem Kauf der Burg sollte Balduin einmal in Neef gewesen sein. Oder hat der in Vermögensangelegenheiten ansonsten so geschickt handelnde Kurfürst hier ausnahmsweise einmal „die Katze im Sack gekauft“? Balduin hat übrigens ein enormes Vermögen hinterlassen das von seinen Zeitgenossen auf 40 000 Gulden geschätzt wurde. In seinem Testament wurde auch das Kloster Stuben bedacht.

 
 
erschienen in
Heimat zwischen Hunsrück und Eifel Nr. 9 – September 2006
 
 
Die Neefer Burg in der Zeit von Balduin
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Literaturnachweise:
  Blümling, Franz Josef, Kurfürst Balduin war auch in Neef, in: Heimat zw. Hunsrück und Eifel, Nr. 7, 2006
Blümling, Franz Josef, Die Grafen von Sponheim I. und II., www.naves-historia.de
Düsterwald, Erich, Kleine Geschichte der Erzbischöfe und Kurfürsten von Trier
Friderichs Alfons, Kurfürst Balduin war nicht in Neef, Heimat zw. Hunsrück und Eifel, Nr. 8, 2006
Paczenskiy Gert, Dünnebier Anna, Kulturgeschichte des Essens und Trinkens, S. 156
Wampach, Cam., Urkunden- und Quellenbuch altluxemburgischer Territorien
Bildnachweise:
  1. Alte Burg: NOVA TOTIUS TRACTUS RHENANI E CONATIBUS Geographicis Wolfgangi Kiliani de scriptio MDCXX j. 1511 Newe beschreibung deß grösten teils deß Rheinstroms
2. Reproduktion der alten Burg: von Karl J. Haesser, Alf
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