Wegen
steter Kriege, Epidemien und
Unterdrückungen war das einfache Volk im
Mittelalter größtenteils verarmt. Gab
es zusätzlich Missernten, kam es zu
Hungersnöten. Dementsprechend wehrte man
sich seiner Haut so gut es ging. Dabei
verrohte das frustrierte Volk. Und in
seiner Verzweiflung mag es sich auch dem
Aberglaube zugewandt und Wunder
herbeigesehnt haben. So herrschte
einerseits eine tiefe Volksfrömmigkeit.
Andererseits entwickelte sich jedoch eine
allgemeine Missachtung der geistlichen
und weltlichen Gesetze. Auch nicht
wenige der Trierer Landesherren hatten
sich den rauen Gepflogenheiten angepasst
und sich allzu oft von dem Gepräge des
frühen Christentums, als man dem Vorbild
Jesus Christus in Bescheidenheit,
Hilfsbereitschaft, Nächstenliebe, ohne
Streben nach Macht, Geltung und Besitz
folgte, entfernt. Sicherlich gab es unter
den mittelalterlichen Kirchenfürsten
auch solche, die fromm waren der
eine mehr, der andere weniger oder auch
überhaupt nicht. Johann VI. soll
während seiner Regierungszeit keine
einzige Messe gelesen haben. Von
Kurfürst Kuno II. wird überliefert,
dass er bei Festen den Wein in Strömen
fließen ließ und dass
Gewalttätigkeiten unter den Gästen die
Regel waren. Johann VII. von Schönenberg
war in der Verfolgung von Hexen so
grausam, dass es zu ihm kaum eine
Parallele gibt. Johann Philipp von
Walderdorffs Verschwendungssucht
findet ihren Niederschlag in prächtiger
Hofhaltung und Mätressenwesen um
nur einige Beispiele zu nennen. Hierüber
gibt es hinreichende Literatur, die man
in jeder seriösen (auch kirchlichen)
Buchhandlung erwerben, aber auch in allen
geschichtsorientierten Bibliotheken so
recherchieren kann.
Die Neefer kurfürstliche Jagd kann
nicht ganz unbedeutend gewesen sein,
sonst würde nicht in so ausführlicher
Weise überliefert, wie Oberjäger und
Oberforstmeister Karl Michael Emmerich
Freiherr von Metzenhausen vom Kurfürsten
Georg von Schönborn aus besonderer Gunst
einen Hirschfänger mit silbervergoldetem
Griff und zwei Perücken überreicht
bekommen hat. Karl Michael residierte als
letzter Lehensträger der Neefer Burg
dort selbst. An anderer Stelle wird
berichtet, dass die Geißenplage im
Neefer Wald dramatische Schäden
angerichtet hatte und von kurfürstlicher
Stelle aus der totale Abschuss dieser
Schädlinge verordnet wurde. Seither
heißt dieser Berg heute noch der
Geißenberg. Wüst ging es
sicherlich auch nach einer Jagd im Neefer
kurfürstlichen Revier zu. Der
leidenschaftliche Jäger Balduin soll es
gewesen sein, der während der Jagd zwei
Wildschweine fangen ließ. Diese hatten
dann in damaliger Art die Reste des
Gelages jeglicher Art aufzufressen. So
wurde also die Sau
rausgelassen. Damals ein ganz
normaler Vorgang. Und vielleicht fragte
auch der Jagdherr: Hat es euch
nicht geschmecket? Warum rülpset und
pupset ihr nicht? Noch heute wird
dieses Zitat von Martin Luther bei
mittelalterlichen Spektakel immer wieder
gerne mit Humor zitiert.
Neef hätte in der Geschichte kaum
eine Rolle gespielt, gäbe es dort nicht
den großen südlichen Berghang, der von
Natur aus die besten Voraussetzungen für
einen Qualitätsweinbau bietet. Solche
Hänge waren gesucht. In auffallend
vielen Urkunden werden Vorkommnisse aus
Neef geregelt. Päpste, Bischöfe,
Kaiser, Könige und sonstige Honoren
treten in geschichtlichen Zeugnissen auf;
und meistens handelt es sich direkt oder
indirekt um Wein- oder
Weinbergsangelegenheiten. In der Chronik
von Neef, die allerdings noch in
Bearbeitung ist, kann dies unter
www.naves-historia.de auch im Detail so
nachgeschaut und erkannt werden. Dort
wird berichtet, wie der große
Maria-Laacher-Klosterhof in Neef mit
bedeutendem Weinbergsbesitz um 1200 in
den Besitz der Grafen von Sponheim
gekommen ist. Durch die Auflösung der
vormaligen Neefer Reichskirche fielen
Graf Simon von Sponheim weitere Weinberge
zu. Nicht zuletzt wegen des großen
Weinbergsbesitzes wurde Graf Eberhard,
zuvor Domherr in Köln, die Heirat mit
der Tochter des Truchsess von Alzey
gestattet. Eberhard wurde selbst
Truchsess und war (auch seine Nachfolger)
nunmehr zuständig für die Tafel des
pfalzgräflichen Hofes in Heidelberg. So
wird sich auch der Pfalzgraf an Neefer
Wein gelabt haben. Schließlich findet
noch Beachtung, dass der Abt vom Kloster
Echternach, Peter von Hbyn, zwei
zusätzliche Feiertage angeordnet hat aus
Dankbarkeit dafür, dass Graf Johann von
Homburg und dessen Ehefrau dem Kloster
den Besitz von Neef schenkten. Es wurde
auch beurkundet, wie viel Wein
anlässlich des Gedenkens jedem Mönch,
einschließlich der Klosterschüler, zum
Trunke zustand. Aus alle diesen
urkundlichen Aufzeichnungen kann man
erkennen, dass in Neef der Wein stets im
Mittelpunkt stand und der Burgkeller
stets mit guten Weinen üppig gefüllt
war. Und wenn schon dem Pfalzgrafen der
Neefer Wein zusprach, weshalb sollte er
nicht auch Balduin und den anderen
Kurfürsten gemundet haben? Schließlich
waren die Trierer Kurfürsten im Verzehr
des Weines keine Weisenknaben (um es in
gemäßigterer Form auszudrücken als es
Paczenskiy wiedergibt).
Der Ort Neef hatte in seiner
Geschichte in der Zeit, als Balduin
regierte (1307 1354), die
bewegteste Zeit. In Urkunden wird
berichtet, dass Gerhard von Sponheim 1325
Kurfürst Balduin die Burg von Neef als
Offenhaus zu Lehen aufträgt. Die Burg
stand somit für Balduin jederzeit offen
also auch dann, wenn er das
Kloster Stuben besuchte. So wird
überliefert, dass anno 1329 Balduin den
Weg von Neef nach Stuben verbreitern
lässt und dass er selbst die Bauarbeiten
beobachtete. Weiter soll Balduin, wenn
sein Weg am Kloster Stuben vorbeiführte,
stets dort eingekehrt sein. Die
Verbindung von Neef zu Stuben war sehr
eng. Die Herren von Neef hatten das
Gericht über Stuben. Sie traten schon in
den Gründungsurkunden des Klosters auf.
Andererseits hatte das Kloster Stuben die
Kirchenhoheit über Neef.
Einen Aufenthalt von Balduin in Neef
kann man also nicht ausschließen
auch wenn darauf keine Urkunde direkt
hinweist. Zumindest vor dem Kauf der Burg
sollte Balduin einmal in Neef gewesen
sein. Oder hat der in
Vermögensangelegenheiten ansonsten so
geschickt handelnde Kurfürst hier
ausnahmsweise einmal die Katze im
Sack gekauft? Balduin hat übrigens
ein enormes Vermögen hinterlassen das
von seinen Zeitgenossen auf 40 000 Gulden
geschätzt wurde. In seinem Testament
wurde auch das Kloster Stuben bedacht.
|
|
|
erschienen in |
Heimat zwischen
Hunsrück und Eifel Nr. 9
September 2006 |
|
|
|
Die Neefer Burg
in der Zeit von Balduin |
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
Literaturnachweise: |
|
Blümling, Franz
Josef, Kurfürst Balduin war auch
in Neef, in: Heimat zw. Hunsrück
und Eifel, Nr. 7, 2006
Blümling, Franz Josef, Die
Grafen von Sponheim I. und II.,
www.naves-historia.de
Düsterwald, Erich, Kleine
Geschichte der Erzbischöfe und
Kurfürsten von Trier
Friderichs Alfons, Kurfürst
Balduin war nicht in Neef, Heimat
zw. Hunsrück und Eifel, Nr. 8,
2006
Paczenskiy Gert, Dünnebier Anna,
Kulturgeschichte des Essens und
Trinkens, S. 156
Wampach, Cam., Urkunden- und
Quellenbuch altluxemburgischer
Territorien |
Bildnachweise: |
|
1. Alte Burg:
NOVA TOTIUS TRACTUS RHENANI E
CONATIBUS Geographicis Wolfgangi
Kiliani de scriptio MDCXX j. 1511
Newe beschreibung deß grösten
teils deß Rheinstroms
2. Reproduktion der alten Burg:
von Karl J. Haesser, Alf |
|