Beschießung und Erstürmung einer StadtDer
im Jahre 1618 ausgebrochene Krieg,
welcher ganz Deutschland verwüstete, hat
auch das Trierische Land mit seinen
Greueln nicht verschont. Das Heer der
Schweden zog mordend und brennend, vom
Hunsrück kommend, der Mosel zu und
plünderte wo sie nur konnten. Sie
zerstörten Häuser, rissen Dächer ab;
Kelter, Fässer und allen hölzernen
Hausrat steckten sie an und warfen ihn
brennend in die Mosel. Ein Schwede soll
sogar mit seinem Pferd in einer Kirche
bis an den Altar geritten sein.
Kirchliche Geräte und alles Gott
Geweihte raubten sie und ließen nicht
nach, bis man es mit Geld loskaufte. Die
Nonnen im Kloster Stuben mussten mehrmals
flüchten. Das Kloster verwahrloste, der
Wohlstand sank, und die Zucht verfiel.
24.000 Franzosen zogen von Landau her
ins Trierische. Danach drangen die
Spanier ein. Alle misshandelten, raubten
und plünderten; zerstörten Felder und
machten die Ernte zu Nichte. All diese
Drangsale führten dazu, dass eine
unbeschreibliche Hungersnot entstand. Man
aß nicht nur Fleisch von Pferden, Eseln,
Hunden, Katzen und Mäusen, sondern
vergriff sich sogar an menschlichen
Leichen. Eine Mutter schlachtete sogar
ihr eigenes Kind. Von ursprünglich 600
Bewohnern eines Dorfes im Trierer Land
waren letztlich noch 20 am Leben.
Der Dreißigjährige Krieg ging auch
an Neef nicht spurlos vorüber. Durch die
zweite Heirat des Grafen Hans Anton von
Eltz am 29. Juli 1629 mit Anna Elisabeth
von Metzenhausen aus Neef wurde er
Amtmann in Zell. Zuvor war er im
Kriegsdienst, wo er im Felde den
Franzosen, zum Nachteil der Spanier,
Schutz und Quartier gewährte. Das
konnten Letztete Hans Anton nicht
verzeihen. Als 1637 eine Heerestruppe der
Spanier auf Zell anrückte, flüchtete er
zu seinem Schwager, Ritter Peter Ernst
von Metzenhausen, in die Neefer Burg.
Doch die Spanier machten seinen
Unterschlupf ausfindig. Sie bombardierten
Neef und die Burg zwei Tage lang vom
gegenüberliegenden Vogelsang
aus. Die Burg brannte aus und der Ort lag
in Schutt und Asche.
Zu allem Elend kam 1636 noch hinzu,
dass die Pest wütete. Im benachbarten
Ediger standen 80 Häuser leer, weil so
viele Bewohner an dieser Epidemie
gestorben waren. Zwei Jahre grassierte
die Seuche. Man flüchtete von Haus und
Hof; man lebte in Wald und Hecken. So
wollte man der Pestilenz entkommen, was
jedoch oft nicht mehr half, da man sich
schon angesteckt hatte.
300.000 Menschen hatte der Krieg im
Trierischen Land verschlungen. Dörfer
und Städte waren zerstört.
Sittenlosigkeit, Elend und Armut
herrschten überall. Eine Visitation in
Neef stellte fest, dass sich Kelch und
Monstranz in der Matthiaskirche in einem
sehr verwahrlosten Zustand befanden. Die
wenigen Menschen, die noch lebten, hatten
resigniert.
Erst mit dem Abschluss des
Westfälischen Friedens 1648 konnte
wieder Hoffnung geschöpft werden.
Überstandene Pest und Hungersnot ließen
die noch lebenden Neefer aus Dankbarkeit
1648 die Wallfahrt nach Eberhardsklausen
wieder aufnehmen. Man mag sich dabei auch
des wunderbaren Geschehens erinnert
haben, das sich zuvor, im Jahre 1642,
zugetragen hatte:
Johann Pauli, Metzenhausischer
Schultheiß zu Bullay, wurde im Jahre
1642, am Abend vor Christi Himmelfahrt
(18.Mai), von einem lothringischen
Soldaten ohne dessen Schuld von einer
Kugel unmittelbar unter der Kehle so
schwer getroffen, dass das Blut
fingerdick gleich einem Brunnen heraus
floss und er wie ein Toter niedersank.
Sechs Männer trugen ihn in einem
Leichentuch nach Hause, wo er von einem
Priester die letzte Ölung empfing. Zwei
herbeigerufenen Ärzte und Balbiere
konnten angesichts des großen
Blutverlusts nur mehr feststellen, dass
im Körper des Schultheißen außerhalb
der Herzgegend kein Blutstropfen mehr
floss; als sie ihm die Nase und den Mund
zu hielten, entwich der letzte Atem als
schwarzer Dampf aus der Wunde. Die Kugel
war unterhalb der Kehle mit solcher Kraft
eingedrungen, dass zwei Rippen im Rücken
zerspalten worden waren, deren Stücke
für immer im Körper versteckt blieben.
Ein Arzt aus Trier, den man hatte
konsultieren wollen, beschied die
Ratssuchenden, dass in diesem Falle keine
menschliche Hilfe mehr möglich sei. Hier
könne nur noch Gottes Gnade helfen. Der
Schultheiß war so schwer verletzt, dass
die Nahrung, die er aufzunehmen
versuchte, zur Wunde wieder heraus floss,
da auch die Speiseröhre durchgeschossen
war. Dieser qualvolle Zustand erstreckte
sich über neun Wochen, und Johann Pauli
wurde infolge des Nahrungsmangels
so schwach und dünn, dass die
Knochen durch die Haut hindurch sichtbar
wurden. Da machte er der Mutter Maria in
Eberhardsklausen ein Gelübde. Er war
jedoch so schwach, dass er sich den Kopf
darüber zerbrach, wie er in diesem
Zustand nach Eberhardsklausen kommen
könne. Am 29. August schließlich hob
man ihn aus seinem Bett, und er machte
sich samt seinem Gesinde auf den Weg zu
diesem hl. Ort. Unterwegs verspürte er
sehr schnell solche ungeahnte Stärke in
seinen Gliedern, dass er schließlich die
Kapelle ohne jede Schwierigkeit erreichte
und sich wie neugeboren fühlte. Dabei
erfuhr er noch, dass auch seine Ehefrau
und der Amtsschreiber von Neef, jeder von
ihnen ohne Wissen des anderen, ein
Gelübde für seine Heilung abgelegt
hatten. Aus Dankbarkeit gegenüber seiner
treuherzigen Helferin Maria hat er am 30.
August über dieses Wunder vor vielen
Zeugen berichtet.
Ab dem Jahr 1649 wallfahrtete die
Neefer Bevölkerung regelmäßig nach
Eberhardsklausen.
Sind die Wallfahrten nach
Eberhardsklausen aus tiefer
Volksfrömmigkeit entstanden, so sorgte
sich das Trierer Generalvikariat Ende des
18. Jahrhunderts erstmals über das
Unwesen und Gebaren bei
Prozessionen. Eine Trierer Verlautbarung
von 1782 beginnt: Aus den Berichten
von Pfarrern und anderen Personen geht
hervor, dass die an sich guten und von
alters her gehaltenen Prozessionen und
Wallfahrten durch Missbräuche
verschiedener Art profaniert sind, bei
Nichtkatholiken Ärgernis erregen und zu
einer Beleidigung Gottes verfälscht
werden. Am 9. Juli 1784 untersagte
Erzbischof Klemens Wenzeslaus den
Pfarreien Bullay, Alf, Neef, Bremm,
Eller, Ediger und Senheim aus
schwerwiegenden Gründen ihre
jährliche Wallfahrtsgänge nach
Eberhardsklausen. Das Volk jedoch wollte
sich die lieb gewordenen Prozessionen
nicht nehmen lassen. Sie waren zu einem
festen Bestandteil des religiösen Lebens
geworden. So kam es in Senheim wegen des
Verbotes zu einem wirklichen Aufstand der
Gemeinde gegen ihren Pfarrer, der sich an
die Anordnung des Erzbischofs halten
wollte. Offenbar setzte die Bevölkerung
die Wallfahrt fort, denn am 22. April
1793 erging seitens des Generalvikariates
eine Verfügung, der zu folge die
Teilnehmer der Wallfahrt unter Androhung
einer Geldstrafe verwarnt wurden. Die
Wallfahrts-Fahne musste an die
Pfarrkirche abgeliefert werden und die in
dem Schreiben genannten Anführer hatten
in der Kirche vor versammelter Gemeinde
Abbitte zu tun. Die Gemeinde bat jedoch,
weiterhin nach Eberhardsklausen
wallfahrten zu dürfen und begründeten
dies damit, dass seitdem nicht mehr nach
Eberhardsklausen gewallfahrt wird, in
verheerender Art Ungeziefer auftritt und
Früchte und Waldungen vernichtet.
Deshalb wolle man unbedingt wieder die
Wallfahrt aufnehmen. Sollte der Pfarrer
nicht mitgehen, könnte ja ein anderer
Geistlicher, oder jemand vom Gemeinde-
und Sendamt, mitgehen. Diesem könnte man
ja auch den gewöhnlichen
Brudermeister hinzugeben. Jede der
genannten Personen könnte allen Unfug
überwachen und auch dafür haften. Die
Fahne wolle man gerne der Pfarrkirche
überlassen, doch bitte man um die
Erlaubnis, sie bei der Prozession nach
Eberhardsklausen mitführen zu dürfen.
Man bittet sodann um eine Milderung der
verhängten Strafen mit dem Hinweis, dass
man nicht glaube, geringer zu sein als
die Dörfer Neef, Bremm, Ediger, Ellenz,
Bruttig und die Stadt Cochem, die
alljährlich ihre Prozession nach
Eberhardsklausen ungestraft gehalten
hätten und noch hielten. Angesichts der
Tatsache, dass Neef, Bremm und Ediger in
dem Verbot vom 9. Juli 1784 genannt
waren, ist anzunehmen, dass sich diese
Orte über das Verbot hinweggesetzt und
die Prozessionen weiterhin gehalten
hatten, ohne dass es hier zu einer
Bestrafung gekommen ist. Möglicherweise
waren diese Orte glimpflicher
davongekommen, weil hier eine Anzeige
unterblieben war. Das Generalvikariat
reagierte auf dieses Schreiben insgesamt
milde, aber nicht ohne Finesse: Die
Prozession nach Eberhardsklausen wurde
unter der unmöglich zu erfüllenden
Bedingung gestattet, dass der Hin- und
Rückweg an einem Tag zurückgelegt werde
und damit die Übernachtung am
Wallfahrtsort entfiele. Die Angelegenheit
wurde seitens der Trierer Behörde
nunmehr nicht weiter verfolgt. So
wallfahrten, bis auf die Orte
Bruttig(-Fankel), Eller und Senhals, alle
in diesem Zusammenhang genannten Orte
noch heute nach Eberhardsklausen.
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und
der Beginn der jährlichen
Wallfahrt nach Klausen |
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erschienen in |
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Kerzenhalter aus
dem Jahr 1649, ausgestellt in der
Wallfahrtskirche von
Eberhardsklausen |
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klopf,
Teufel, klopf
Die Pest wird personifiziert
durch den Teufel, der an die Tür
klopft. |
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Mit einer
solchen Wurfmaschine wurde die
Neefer Burg zwei Tage lang
beschossen
Bild aus: Deutsche Kultur des
Mittelalters von Paul Herre |
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Zwei Geschosse
aus jener Bombardierung wurden
von R. Schommers aus St. Aldegund
aufgefunden
Foto vom Chronisten |
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