Meister
Absalon, ein gelehriger und ehrbarer
Mann, war zuvor Stiftsherr an St. Viktor
in Paris und wurde danach zum Abt in
Springiersbach gewählt. Bevor Absalon
dorthin kam, sah einer der Brüder in
einem Traum, dass eine brennende Kerze im
Kloster erschien und mit ihrer Flamme die
Kerzen aller Brüder wieder anzündete.
Dies wurde dahin gedeutet, dass einer
kommen wird, der die aufgelöste
Disziplin wieder herstellt. Wen wundert
es, dass Absalon gleich, bei
Amtseintritt, einführte, dass nicht nur
die Brüder und Schwestern seinen Ordens,
sondern auch die Pröpste sich des
Fleisches enthalten sollten. Um diese
Zeit trat auf der Insel des h. Nikolaus,
die zu Springiersbach gehört, eine Frau
aus der Welt in den Orden ein. Alle ihre
Freunde, mit dem Nonnenpropst Florinus,
einem sehr dicken Mann, den ich gut
kenne, saßen bei Tisch. Die Freunde
aßen Feisch, der Propst aber auf Befehl
des Abtes Absalon, Fische. Da sah er auf
der Schüssel seines Nachbarn (ein
Geistlicher) ein Fleischgericht. Er
spürte Appetit darauf, nahm sich rasch
mit der Hand einen Bissen und steckte in
wohlgefällig in den Mund. Nach Gottes
Ratschluss blieb dieser Bissen dem
Ungehorsamen im Schlunde stecken. So
konnte dieser entweder in den Mund
zurückgebracht oder heruntergeschluckt
werden. Man brachte den Propst vom Tisch
weg, denn man fürchtete, er sei am
Ersticken, da er bereits die Augen
verdrehte. Da schlug ihm unser Mönch
Heinrich mit der Faust auf den Rücken,
dass der Bissen heraussprang. Und alle
sahen, dass der Schmerz und die
Peinlichkeit eine Strafe für den
Ungehorsam des Propstes waren.
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