Es
befindet sich bei uns (Kloster
Heisterbach) ein großer Backenzahn des
hl. Johannes des Täufers mit drei
Spitzen; wie dieser Zahn zu uns gekommen
ist, und was der Herr durch ihn
Wunderbares gewirkt hat, will ich jetzt
berichten: Als die Stadt Konstantinopel
durch die Kreuzfahrer verwüstet wurde,
und die einen hier, die anderen dort
Beute machten, nahm der Ritter Heinrich
von Uelmen (Ulmen) neben andern kostbaren
Reliquien aus der Kirche der hl. Sophia
auch jenen Zahn mit. Nach Hause
zurückgekehrt, baute er für diese
Reliquie, die er im höchsten Grade werth
hielt, auf seinem Schloss eine besondere
Kapelle, in deren Altar er den Zahn
aufzubewahren gedachte. Seine Schwester,
die Meisterin auf der Insel des hl.
Nikolaus (Stuben), eine Frau, welche sehr
viel auf unser Haus hielt, rieth ihm, er
möge uns diesen Zahn schenken, konnte
jedoch ihren Bruder nicht dazu bewegen.
Bald nachher gerieth er in die
Gefangenschaft Werners von Bolanden und
befahl im Vertrauen auf unser Gebet, man
solle uns den Zahn übersenden. Während
dessen träumte eine Schwester, Heinrich
würde, sobald uns der Zahn übergeben
worden sei, aus der Gefangenschaft
befreit werden, und das ist auch
geschehen. Unser Prior, welcher den Zahn
abholte, entging durch die Kraft
desselben bei der Fahrt auf dem Rhein
einer großen Gefahr.
Graf Heinrich von Sayn hatte einen
achtbaren, aber des Verstands beraubten
Ritter; in der Hoffnung, derselbe könne
sowohl durch die Kraft unserer
Heiligthümer, als durch unser Gebet
geheilt werden, brachte er den Kranken zu
uns. Kaum aber mit dem hochheiligen Zahn
berührt, empfand der Ritter die Wirkung
dieser Berührung und nur einen
Bogenschuss weit vom Kloster entfernt
erklärte er sich freudig für genesen.
Es ist dieser Zahn, wie gesagt, groß
und stark und um so mehr zu Heilungen
geeignet, als er nicht durch den Genuss
feiner Speisen abgenutzt ist.
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